Wir haben das Statement von ABC-Belarus zur Ausgrenzung anarchistischer Persepktiven aus Osteuropa unterschrieben.
Wir wollten ebenfalls zur ACABB – bookfair in Berlin fahren, um das im September veröffentlichte Buch Bachmut, 19. April 2023 – In Gedenken an Dimitri Petrow, Finbar Cafferkey und Cooper Andrews in einer Lesung vorzustellen und einen Büchertisch mitzubringen. Wir wurden kurz und knapp ausgeladen:
„Wir sagen euch ab sowohl die Buchpräsentation als auch den Bücherstand.
Wir wollen an der Buchmesse keinen Positionen Raum geben, die Anarchist*innen dazu anhalten sich in staatliche Armeestrukturen einzureihen.“
Das Buch, das wir vorstellen wollten, ist eine überarbeitete Übersetzung der Broschüre Dmitry Petrov – A Life in Combat. Es dokumentiert Perspektiven und Diskussionen um Strategien und Aktionen gegen den russischen Imperialismus entlang Dimitri Petrows politischen Werdegang. Wir können in dem Buch strategische Debatten und selbstkritische Reflexionen über Theorie und Praxis anhand verschiedener politischer Ereignisse in Russland, Belarus und der Ukraine verfolgen.
Die Übersetzung war uns aus verschiedenen Gründen wichtig, vor allem aber ist es für uns ein Akt internationaler Solidarität: Solidarisches Handeln bedeutet in diesem Fall für uns, Stimmen und Perspektiven unserer Genoss*innen in anderen Ländern hörbar und zugänglich zu machen. Zum einen finden wir es wichtig möglichst viele Persepktiven in unsere Diskussionen einfließen zu lassen, um daraus zu lernen. Gleichzeitig finden wir es notwendig vor allem in aktuellen und komplexen Etwicklungen die Gedanken der Menschen einzubeziehen, die direkt involviert und betroffen sind.
In der aktuellen Entwicklung innerhalb der anarchistischen Bewegung sehen wir eine unbeschreibliche Ignoranz und Arroganz gegenüber der Lebenssituation der von Diktatur und Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine, Belarus, Russland und allen vom russischen Imperialismus betroffenen Regionen. Auf komplexe Situationen und Fragen werden mit vermeintlich einfachen Antworten abgetan, und damit „Ein Richtig und ein Falsch“ konstruiert. Machtpositionen auf Grund von Herkunft und Ressourcenverteilung werden ausgespielt, um unbequeme Positionen nicht hören zu müssen.
In der Sowjetunion wurde die anarchistische Bewegung durch massive Repression weitgehend zerstört. Mit dem Zerfall dieser Großmacht 1990 gab es einen politischen Raum sich neu zu organisieren. Mit Putins Repressionsapparat, Militärmacht und seiner faschistischen Ideologie stehen wir allerdings erneut vor der Situation in der die Existenz der anarchistischen Bewegung in der Region auf dem Spiel steht. Kriegskritische Aktivist*innen aus Russland sind entweder im Exil oder kämpfen in der Ukraine, der verbleibende Teil der Bewegung ist zum Großteil passiv gegenüber dem Regime. Die anarchistische Bewegung in Belarus befindet sich seit 2020 im Exil, ebenfalls im Krieg in der Ukraine oder wird in Belarus Knästen und Lagern jahrelang eingesperrt und gequält. Und die Bewegung in der Ukraine ist entweder an der Front, isoliert im Kriegsalltag oder völlig erschöpft in verschiedenen Initiativen engagiert, jeden Tag bedroht mit dem Vernichtungswahn Putins.
Und Aktivist*innen in Westeuropa haben nichts besseres zu tun, als diesen Menschen vorzuwerfen, dass sie sich gegen ein mörderisches Regime wehren! Vermeintliche Antikriegsaktivist*innen verweigern jegliche Solidarität, weil es nicht ins überholte simplifizierte Theoriekonzept passt, dass die Welt komplexe Antworten auf komplexe Fragen braucht. Sie sprechen anderen das Recht ab sich zu entscheiden, wie sie sich gegen solch ein zerstörerisches faschistisches Regime wehren und stellen sich damit als moralisch richtig auf. Anstatt diese wertvollen Erfahrungen und Positionen, wie die von Dima zu diskutieren und eigene Handlungsmöglichkeiten auszuloten für aktuelle und kommende Krisen und Kriege, werden diese einfach ausgeschlossen, weil sie nicht ins eigene Weltbild passen.
Das macht uns nur noch wütend!
Danke an alle die trotz komplizierter Weltlage internationale Solidarität nicht als Phrase verstehen!
Und zum Glück gibt es davon sehr viele Menschen innerhalb und außerhalb der anarchistischen Bewegung!
Für alle die, die das Buch Bachmut, 19. April 2023 lesen wollen, ihr könnt es bei Sabotage Distro bestellen.
