Heute, Freitag 25. Januar 2019, wurden 15 der 18 Angeschuldigten im „Basel18“-Verfahren in Mittäterschaft wegen qualifizierter Sachbeschädigung, einfacher Körperverletzung, Landfriedensbruches, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und Verletzung der Verkehrsregeln schuldig gesprochen. Die absurden Strafmasse reichten von 20 Monaten bedingt auf 2 Jahre, bis zu 27 Monaten unbedingt. Damit folgten die drei Richter*innen des Strafgerichts Basel-Stadt in weiten Strecken den Strafforderungen der Staatsanwaltschaft. Dazu kamen bei einigen Personen noch 200.- Franken Busse wegen Verstosses gegen des Vermummungsverbot und einzelne Geldstrafen – zwischen 5 und 10 Tagessätzen – wegen Beschimpfung, Verstosses gegen das Waffengesetz, Hausfriedensbruchs oder Hinderung einer Amtshandlung.
Die Höhe der Strafen erscheint umso absurder vor dem Hintergrund, dass das Gericht diverse Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft (wie mehrfache versuchte schwere Körperverletzung, Angriff oder Störung des öffentlichen Verkehrs) als nicht erfüllt ansah. Hauptursächlich dafür war, dass das Gericht an der umstrittenen Konstruktion der Mittäterschaft – alle sollen an allen Straftaten gleichermassen schuld sein – festhielt und diese verschärfte Auslegung in ihrem Urteil stützte. Dies obwohl keiner beschuldigten Person konkrete Taten zugeordnet werden konnten. Und darüber hinaus die Aussagen eines Hauptbelastungszeugen vom Gericht als nicht verwertbar erklärt wurden. Damit gab es für den angeblichen gemeinsamen Tatentschluss nun keinerlei Beweise mehr. Trotzdem war das Gericht der Meinung, dass aus den festgestellten Sachschäden und vorhandenen Videoaufnahmen klar ersichtlich sei, dass es sich um eine homogene Gruppe gehandelt habe, die von Anfang an das Ziel verfolgte, Sachbeschädigungen zu begehen und – im Falle einer Intervention der Polizei – diese anzugreifen. Auch, so das Gericht weiter, müssten in diesem Fall den beschuldigten Personen keine konkreten Tatbeiträge nachgewiesen werden können. Denn alle, die am Umzug teilgenommen haben sollen, hätten sich bereits durch das Mitlaufen und das angebliche ideologische Mittragen der Taten schuldig gemacht.
Wie schon die Staatsanwaltschaft schien auch das Gericht unbeeindruckt von der Tatsache, dass die Beweise für eine Beteiligung der einzelnen Personen an der Kundgebung vom 24. Juni dünn war. Für das Gericht schien die Schuld der 13 Personen, die an besagtem Abend in Basel verhaftet worden sind, ohnehin schon festzustehen. Wahlweise wurde dafür entweder mit DNA-Spuren auf beweglichen Gegenständen argumentiert, und wo es solche nicht gab, mit der vermeintlichen Zugehörigkeit zur linken Szene, mit Vermutungen aus den Polizeirapporten oder einer Liste mit verhafteten Personen und deren Verteidigung, die nach der Demo bei einer Hausdurchsuchung gefunden wurde.
Es gibt Millionen Wege, wie ein Gegenstand mit einer DNA-Spur an einen Ort gelangen kann. Selbst das Bundesgericht hat entschieden, dass ein DNA-Hit nicht als Beweis, sondern lediglich als Indiz dienen darf. Doch das schien das Gericht nicht weiter zu stören: Es verurteilte nebst den an diesem Abend verhafteten Personen auch noch gleich zwei weitere Menschen, von denen nichts anderes als DNA-Spuren an Alltagsgegenständen in der Nähe der Demonstrationsroute gefunden wurden. Einzig bei den drei Personen, die aufgrund der Tatsache angeklagt waren, dass sie einer anderen beschuldigten Person am betreffenden Tag eine SMS geschickt hatten, erfolgte ein Freispruch.
Nebst den horrenden Strafen kommen für die betroffenen Personen hohe Verhandlungkosten (in der Höhe von insgesamt rund 176‘000.- Franken), sowie Schadensersatzforderungen von über 141‘000.- Franken dazu. Das Gericht hat diese Forderungen gutgeheissen und die Beschuldigten zur solidarischen und unbeschränkten Begleichung verdonnert. Dies bedeutet, dass alle für die gesamten Schadensersatzforderungen aufkommen müssen. Sprich die Privatkläger*innen können sich einzelne Personen heraussuchen und diese mit der gesamten Schadenssumme belasten.
Die ausgesprochenen Strafen verdeutlichen, dass es dem Gericht – wie schon der Staatsanwaltschaft – darum geht, ein politisches Netzwerk zu konstruieren, politischen Protest zu entpolitisieren und zu kriminalisieren. Einzelpersonen mit den härtesten möglichen Mitteln zu bestrafen, ist dabei eine klare Androhung an alle, die heute nicht vor Gericht standen: Wer sich dem autoritären System des Staates und seinen Gesetzen widersetzt, wird bestraft und weggesperrt!
Mit dieser düsteren Note endete heute der erste Akt in dem Trauerspiel zum provinzstädtlichen Rechtsverständnis. Mehrere Anwält*innen kündigten jedoch bereits während der Verhandlung an, dass sie gegen das Urteil in Berufung gehen wüden. Wir wünschen allen, die heute vor Gericht standen und denen, die das Verfahren weiter ziehen, viel Durchhaltevermögen…
Lassen wir uns davon nicht einschüchtern!
Solidarität mit allen Betroffenen!
„Letzlich muss man sich auf solche Polizeirapporte verlassen können, sonst funktioniert die Justiz nicht mehr!“ – Gerichtspräsident Dominik Kiener